Rund 80 interessierte Bürger kamen am vergangenen Montagabend in das Foyer der Wolf-Eberstein-Halle, um sich aus erster Hand über eine mögliche Wasserenthärtung in Muggensturm zu informieren. Als Experten hatte die eneREGIO GmbH Herrn Dr. Baldauf vom Technologiezentrum Wasser (TZW) in Karlsruhe eingeladen, der in einem einstündigen Vortrag die Vor- und Nachteile der verschiedenen Konzepte anschaulich erläuterte.
Das TZW, eine gemeinnützige und unabhängige Organisation des Verbandes der Gas- und Wasserversorger Deutschlands (DVGW), hatte im Vorfeld der Veranstaltung eine Studie über Möglichkeiten zur künftigen Versorgung der Gemeinde Muggensturm mit der Option der Verringerung der Trinkwasserhärte durchgeführt.

Foto: Dr. Baldauf, TZW
1. Möglichkeit: Es bleibt alles beim Alten
Das über zwei Brunnen im Gewann „Grau Heck“, Gemarkung Ötigheim, geförderte qualitativ sehr hochwertige Wasser wird bisher ohne weitere Behandlung in das örtliche Verteilnetz mit einem Druck von 4,5 bar gepumpt. Aufgrund des leicht erhöhten Kohlensäuregehaltes weist das Trinkwasser eine calcitlösende Eigenschaft auf, so dass lediglich hierzu die Anforderungen der Trinkwasserverordnung nicht eingehalten sind. Zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben muss die überschüssige Kohlensäure (CO2) durch Belüften künftig entfernt werden, wodurch allerdings eine Druckunterbrechung und anschließende Druckerhöhung erforderlich sein wird. Lt. Dr. Baldauf besteht in diesem Punkt dringender Handlungsbedarf. Die Härte im Wasser bleibt bei dieser Verfahrensoption jedoch unverändert. Nach überschlägiger Kostenermittlung sind hierfür ca. 195.000 € einmalig zu investieren. Einschließlich zusätzlicher Betriebskosten von rd. 13.700 € führt dies zu einer Wasserpreiserhöhung um rd. 10 Cent/m³, gerechnet bei einer jährlichen Wasserabgabe von rd. 350.000 m³.
2. Möglichkeit: Bau eines Speicherbehälters
Sollte die Gemeinde alles beim Alten belassen und lediglich die Maßnahme zur Verringerung der Calcitlösekapazität realisieren, wäre über den Bau eines Speicherbeckens zur jederzeitigen Sicherung der Trink- und Löschwasserversorgung nachzudenken. Entsprechend dem maximalen Tagesbedarf an Trinkwasser von 1.600 m³ sind nach den Richtwerten der DVGW weitere 200 m³ als Löschwasser vorzuhalten, so dass ein Volumen von 1.800 m³ erforderlich ist. Die zusätzlichen Kosten für den Bau des Behälters inkl. der Anbindung werden auf ca. 900.000 € geschätzt, die sich mit 0,32 €/m³ auf den Wasserpreis niederschlagen würden.
3. Möglichkeit: Zentrale Enthärtung im Wasserwerk Muggensturm
Die zentrale Enthärtung ist auf jeden Fall kostengünstiger und ökologisch sinnvoller als häusliche Enthärtungsanlagen. Herr Dr. Baldauf ging zunächst auf die Kosten dieser sog. dezentralen (häuslichen) Anlagen ein. Unter Einbeziehung der Anschaffungskosten ergeben sich für den (durchschnittlichen) Nutzer auf den Kubikmeter Wasser umgerechnete Kosten von 1,60 €. Dem stehen Einsparungen von rd. 0,50 €/m³ für geringeren Waschmitteleinsatz, Energieverbrauch etc. gegenüber, so dass der Betrieb der Anlage netto immer noch 1,10 €/m³ kostet. Durch die Zugabe von Salz beim Regenerationsprozess der Anlage wird das Abwasser zusätzlich belastet.
In Anbetracht der Größe Muggensturms käme nach Aussage von Herrn Dr. Baldauf eine sog. Membranfiltration zur zentralen Wasserenthärtung in Frage. Mittels einer solchen Anlage könnte die Gesamthärte des Wassers von 15 Grad dH auf 8 Grad dH verringert werden. Die Anlagentechnik wird überschlägig 1 Mio. € kosten. Einschließlich der Betriebs- und Personalkosten ergeben sich für die Enthärtung des Eigenwassers im Wasserwerk Muggensturm, umgerechnet auf den Kubikmeter Wasser, Mehrkosten für den Verbraucher von rd. 0,46 €. Hinzu kommt die kostenpflichtige Entsorgung des anfallenden Konzentrats mit rd. 0,21 €/m³ in die Kläranlage, da kein geeigneter Vorfluter zur Verfügung steht. Die Gesamtkosten von etwa 0,67 €/m³ wären dann auf den Wasserpreis umzulegen. Dem stehen die zuvor genannte Kosteneinsparungen von mindestens 0,50 €/m³ durch den geringeren Waschmitteleinsatz, Energieverbrauch etc. gegenüber.
4. Möglichkeit: Kommunaler Verbund
Von der Landesregierung wird seit 2007 der kommunale Querverbund als notwendige Bedingung zur Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung durch die gegenseitige Wasserlieferung angesehen. An dieser Zielsetzung hat sich bis heute nichts geändert. Umsetzbar wäre der Trinkwasserverbund mit dem rd. 4 km Luftlinie vom Wasserwerk Muggensturm entfernten Wasserwerk Rauental der star.Energiewerke Rastatt. Damit würde die Gemeinde Muggensturm über ein zweites Standbein der Trinkwasserversorgung verfügen. Ein weiterer Vorteil des kommunalen Verbundes ist eine spürbare Verringerung der Trinkwasserhärte. Durch den Verschnitt des harten Eigenwassers mit dem sehr weichen Grundwasser im Wasserwerk Rauental kann ohne Einsatz von Zusatzstoffen die Trinkwasserhärte spürbar auf ca. 10 Grad dH verringert werden. Bislang wird im Wasserwerk Rauental das weiche Grundwasser durch die Zugabe von Kalkwasser stabilisiert.
Entsprechend der Konzeptstudie des TZW würden beide Wässer über eine Hin- und Rückleitung von Muggensturm nach Rauental miteinander vermischt, mittels einer Belüftung entsäuert und über die Rückleitung in das Trinkwassernetz der Gemeinde eingespeist. Aus der Förderleistung beider Brunnen (Rauental: 500.000 m³, Muggensturm: 350.000 m³) ergibt sich ein Mischungsverhältnis entsprechend der Zielhärte von 10 Grad dH von 60 % (Rauental) zu 40 % (Muggensturm).
Die Kosten für Leitungsverlegung, den technischen Umbau im Wasserwerk Rauental und die erforderlichen Förderstufen betragen rd. 0,50 €/m³. Dem sind noch die Kosten für Grundstückserwerbe hinzurechnen; denn bisher existiert die Leitungstrasse erst auf dem Papier.
Herr Dr. Baldauf betonte, dass es sich bei den Kostenangaben aller Alternativen lediglich um sog. Richtwerte handele, die, je nach Ausbauart und –qualität nach oben und unten in einer Bandbreite von bis zu 30 % schwanken können.
Sowohl bei der Eigenlösung einer zentralen Enthärtung im Wasserwerk Muggensturm als auch bei der Realisierung des kommunalen Verbundes ist die gesetzliche Forderung hinsichtlich der derzeit zu hohen Calcitlösekapazität (siehe 1. Möglichkeit) erfüllt. Damit entstehen keine weiteren Kosten zur Einhaltung der Vorgaben der Trinkwasserverordnung.
Fazit
Maßnahme |
Kosten |
Nutzen |
Entsäuerung Speicherung |
~ 10 Cent/m³ ~ 32 Cent/m³ |
- Anforderungen TrinkwasserVO werden erfüllt
- Kein zweites Standbein
- Keine Härteverringerung
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Enthärtung (Konzentratableitung) |
~ 46 Cent/m³ (~ 21 Cent/m³) |
- Anforderungen TrinkwasserVO werden erfüllt
- Kein zweites Standbein
- Härteverringerung
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Interkommunale Versorgung |
~ 50 Cent/m³ (+Grunderwerb) |
Anforderungen TrinkwasserVO werden erfüllt
Zweites Standbein
Härteverringerung
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TRINKWASSERVERSORGUNGSKONZEPT MUGGENSTURM (PDF)